Von Reinhold Ulonska (Altpräses BFP)
Ein Bekannter von mir besuchte das berühmte Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds in London. Der Rundgang hatte ihn sehr ermüdet. Er sah einen freien Stuhl, der offensichtlich irgendeiner Wachsfigur eine Zeitlang als Stellplatz gedient hatte, und setzte sich darauf. Weil er sehr müde und die Luft so drückend war, schlief er ein. Auf einmal wachte er auf – er hörte Stimmen. Eine englische Damen-Reisegruppe stand um ihn herum und diskutierte. Man suchte offensichtlich eifrig in dem gedruckten Führer nach dieser seltsam liegenden Figur auf dem Stuhl und ihrer Bedeutung. Eine historische Figur konnte sie wegen der modernen Kleidung nicht sein. Um eine berühmte Figur aus dem künstlerischen oder politischen Leben konnte es sich auch nicht handeln, denn niemand kannte sie. Plötzlich vernahm unser Freund die Äußerung einer der umstehenden Damen: „Das ist gewiss eine Lehrlingsarbeit. Schaut einmal, wie schlecht sie gemacht ist. Das sieht doch ein jeder, selbst wenn er schlechte Augen hätte, dass diese hier eine künstliche Wachsfigur ist. Die anderen Figuren sehen aus als lebten sie, aber diese ist völlig unnatürlich.“ Da konnte unser Freund nicht mehr an sich halten. Vorsichtig öffnete er seine Augen und richtete sich auf. Mit einem Entsetzensschrei sprangen die Nächststehenden zurück und riefen: „Er lebt doch! – Er lebt doch! – Er lebt doch!“
Das Erschrecken hier kann man sich gut vorstellen. Man hielt diese Figur für schlecht gemacht und für tot – und plötzlich regte und bewegte sie sich und bezeugte allein dadurch, dass sie lebte.
Der Apostel Paulus trug das Evangelium von Jesus Christus in eine Welt voller toter Götzen. Er versuchte den Menschen seiner Zeit klarzumachen, dass es sich bei dem Gott seines Evangeliums nicht um eine Konkurrenz zu den vielen Götzen handelte. „Als Heiden“, sagte er, „wurdet ihr mit Gewalt zu den stummen Götzen fortgerissen. Aber ich verkündige einen Gott, der lebt, der sich offenbart, der redet.“
Gott ist nicht stumm. Gott redet und bezeugt sich im Leben der Menschen als der lebendige Herr. Wenn wir in die Heilige Schrift hineinschauen, stellen wir fest, dass Gott sich immer als der lebendige und redende Gott den Menschen offenbarte. Er redete zu Adam. – Er redete zu Noah. – Er redete zu Abraham. – Er redete zu Mose. Dass Gott lebt, soll in den Gottesdiensten der Gemeinde Jesu Christi eindrucksvoll offenbar werden. Das Gott redet, soll von Menschen erfahren werden. Unser Gott ist kein stummer Götze. Unser Gott ist keine erdachte Figur, und sein Wort ist keine Theorie. Gott redet!
Quelle: Ulonska R. (1993). Geistesgaben in Lehre und Praxis. 4. Auflage. Leuchter Verlag eG.